Füge- und Montagetechnik: Gestartetes Verbundprojekt "Liquid Metal Embrittlement (LME)"
Im acs ist ein neues Verbundprojekt angelaufen, das Thema: Liquid Metal Embrittlement (LME). Ein Interview mit dem Projektleiter Björn Fey.
Was ist das Ziel des neuen Verbundprojekts und was war der Anlass für das Projekt?
BF: Die neu entwickelten höchstfesten Stähle der dritten Generation - „3rd Generation AHSS (Advanced High Strength Steel)“ – kombinieren höchste Festigkeiten (>1180 MPa) mit großen Bruchdehnungen (>13 %). In der Regel weisen diese Stähle verzinkte Oberflächen zum Korrosionsschutz auf. Die Kombination der Legierungselemente (Silizium, Mangan) mit der verzinkten Oberfläche erhöht jedoch die Rissanfälligkeit des Stahls beim Widerstandspunktschweißen – es entstehen Risse im Bereich des Schweißpunktes, das sogenannte Liquid Metal Embrittlement (LME).
Um diese neuen Stähle wirtschaftlich in der Automobilindustrie einsetzen zu können, ist der Einsatz des Widerstandpunktschweißens notwendig. Im Projekt wollen wir das etablierte Widerstandspunktschweißverfahren optimieren und weiterentwickeln, damit die neuen Stähle rissfrei verschweißt werden können.
Dabei werden als Randbedingungen sowohl die begrenzten werkstoffseitigen Einflussmöglichkeiten – wie beispielsweise notwendige Legierungselemente – berücksichtigt, als auch die derzeit in der Industrie verfügbare und etablierte Anlagentechnik.
Worin besteht derzeit das Problem für die Automobilindustrie, das mit dem Verbundprojekt gelöst werden soll?
BF: LME entsteht, wenn verflüssigtes Zink der beschichteten Werkstoffoberfläche, mechanisch-thermische Werkstoffdeformation und eine hohe Kriechfestigkeit des Werkstoffs bei erhöhten Temperaturen zusammentreffen. Dies ist beim Widerstandspunktschweißen der Fall.
Ein Einsatz dieser Stähle unter Anwendung des Widerstandspunktschweißverfahrens in verzinkten Karosseriestrukturen ist daher zurzeit nur erschwert möglich.
An dieser Stelle setzt das Verbundprojekt an. Die Einsatzfähigkeit dieser Stähle in verzinkten Karosseriestrukturen mittels Widerstandspunktschweißverfahren soll grundsätzlich ermöglicht und sicher beherrscht werden. Hierzu gilt es, zunächst das Verständnis der Problematik des LME zu vertiefen sowie fundierte Kenntnisse über das exakte Werkstoffverhalten zu erarbeiten. Daraus sollen prozesssichere Lösungen abgeleitet werden.
Es sollen alle Randbedingungen des Widerstandspunktschweißens berücksichtigt und untersucht werden. Dazu zählen u.a. Steuerung, Zangen, Kappen, Kühlung. Zudem sollen die vorhandenen Anlagentechnologien durch nur geringe Modifikationen weiter genutzt werden können, damit der Einsatz der neuen Stahlgeneration ohne hohe Investitionen möglich ist.
Welchen Vorteil bringt es den Unternehmen, wenn sie die weiterentwickelte Technik einsetzen können?
BF: Diese neue Generation höchstfester und kaltumformbarer Stähle verfügt über eine signifikant verbesserte Umformbarkeit. Darüber hinaus können die Blechdicken weiter reduziert werden und das Umformen kann ohne zusätzliche Erwärmungseinheiten erfolgen. Daher eröffnet sie die Möglichkeit für innovativen Leichtbau: Bauteilgewicht und -kosten können bei gleichzeitig sehr hoher Crashperformance deutlich gesenkt werden. Prozessschritte können eingespart und Materialkosten reduziert werden.
Sie haben für das Projekt viele Partner versammelt, auch namhafte OEM aus Deutschland. Welche Expertisen kommen da zusammen, und welche Aufgaben entfallen im Projekt auf das acs?
BF: Im Projekt führen wir Experten aus verschiedenen Branchen zusammen: Erstens aus der Stahl erzeugenden Industrie, zweitens aus der Automotive Industrie in Form von OEM und Zulieferern sowie drittens aus dem Steuerungsbau für Widerstandstechnik. Auf diese Weise können wir vorhandenes Know-how sammeln und für die Ziele des Projekts effizient bündeln.
Alle Teilnehmer können die bereits gesammelten Erkenntnisse mit diesen Stählen und auch allgemeine Erkenntnisse über das Widerstandspunktschweißen einfließen lassen. Die Projekt-Partner voestalpine, Arcelor Mittal, BMW, Daimler, Gedia Automotive Group, Kirchhoff Automotive und Bosch Rexroth sind allesamt sehr erfahrene Anwender des Widerstandspunktschweißens mit einer ausgezeichneten Expertise in dieser Fügetechnik.
Diese Partner bringen ihre Erkenntnisse in einen projektbegleitenden Ausschuss ein und diskutieren sie gemeinsam. Die Diskussionsergebnisse können direkt in die weiteren Versuchsreihen einfließen.
Die im Projekt notwendigen Versuche in allen Projektschritten werden auf den Anlagen und Einrichtungen des acs durchgeführt. Dem acs kommt überdies die koordinierende Aufgabe des Projektmanagements zu, inklusive der ausführlichen Dokumentation.
Sie haben das Projekt als Verbundprojekt angelegt. Was ist der Vorteil an diesem Vorgehen?
BF: In den Verbundprojekten des acs kommen Projektpartner aus unterschiedlichen Bereichen zusammen und betreiben grundlegende Forschung zu neuen Ansätzen und Problemlösungen in innovativen Themenfeldern des automobilen Leichtbaus: Materialien, Technologien oder innovatives Bauteildesign. Das acs übernimmt dabei die Forschungsarbeiten, der zeitliche und finanzielle Aufwand für die einzelnen Partner ist daher gering. Alle Projektpartner gewinnen auf diese Weise einen Wissensvorsprung gegenüber ihren Wettbewerbern. Die Teilnehmer treffen sich regelmäßig und bringen dabei ihre individuellen thematischen Anforderungen in das Projekt ein. Zudem schafft der interdisziplinäre Austausch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
Hinweis: Die Teilnahme an bereits gestarteten Projekten ist immer möglich!
Möchten Sie sich über die PNF-Projekte informieren oder haben Sie Interesse, an einem der Projekte teilzunehmen, so freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme:
Dip.-Wirt.-Ing. Maximilian Munk
Leitung Technologie und Innovationsmanagement
Kölner Straße 125
57439 Attendorn
Telefon: +49 2722 9784 -512
E-Mail: m.munk@acs-innovations.de